Emil Leopold „Giggerla“ Höllenreiner
Geboren am 2. Juni 1893 in Oberacker
Inhaftiert am 12. August 1942 im Konzentrationslager Dachau
Ermordet am 30. Juli 1943 im Konzentrationslager Sachsenhausen
Emil Leopold Höllenreiner wurde am 2. Juni 1893 in Oberacker geboren. Seine Eltern waren Rudolf Höllenreiner und Johanna Höllenreiner, geb. Wagner. Diese waren Schausteller und gehörten zu einer großen Sinti Familie.
In den Akten wird angegeben, dass Emil Leopold eine Ausbildung als Geigenbauer hatte und ebenfalls als Schausteller arbeitete. Im Zugangsbuch des Konzentrationslagers Dachau wurde bei seiner Einlieferung als Beruf Kaufmann angegeben.
Gründung einer Familie
Emil Leopold „Giggerla“ Höllenreiner heiratete standesamtlich am 24. Juli 1926, in Fürth, die drei Jahre jüngere Pauline „Ziesa“ Köhler, geboren am 11. Juli 1896 in Althengstett. Sie wurde am 3. September 1943 in Auschwitz ermordet.
Pauline Köhler hatte vor ihrer Hochzeit mit Emil Leopold bereits drei Kinder:
Josephine „Loli“ Augustine Köhler, geboren am 16. Oktober 1921 in Erfde, überlebte und wanderte nach Australien aus.
Josef „Mendlo“ Köhler, geboren am 22. Dezember 1922 in Laiz/Sigmaringen.
Er überlebte ebenfalls den Porajmos. Porajmos ist die Bezeichnung des Völkermords an den europäischen Sinti und Roma.Egon Köhler, geboren am 15. November 1925 in München, gestorben 1926 in der Nähe von Ochsenfurt.
Emil Leopold hatte mit Pauline Köhler acht Kinder:
Rosa „Rani“, geboren am 2. Dezember 1926 in Fürth, gestorben am 20. Dezember 1968 in Utrecht/Niederlande.
Philippine, geboren am 12. Juni 1928 in Fürth, ermordet am 20. März 1944 in Auschwitz.
Katharina, geboren am 1. September 1929 in München, ermordet am 3. März 1944 in Auschwitz.
Christoph Thomas, geboren am 30. Dezember 1930 in München, ermordet vermutlich am 26. September 1944 in Auschwitz.
Pauline Paulina, geboren am 11. Juli 1932 in München, ermordet 1944 in Auschwitz.
die Zwillinge Georg und Anna, geboren am 23. Juli 1935 in München, ermordet 1944 in Auschwitz.
Johanna, geboren am 13. November 1937 in München, ermordet 1944 in Auschwitz
Ab 1929 lebte Emil Leopold „Giggerla“ Höllenreiner mit seiner Ehefrau in München. Am 31. Oktober 1940 erhielt er seine Einberufung zum Sicherheits- und Hilfsdienst im Rahmen des Luftschutzes. Damals wohnte die Familie in der Herzog-Wilhelm Str. 6/ II. Anfang Februar 1941 war Emil Leopold mit dem Bau militärischer Anlagen in Lochhausen beschäftigt. Auf dem Weg zu dieser Arbeit rutschte er am 3. Februar 1941 aufgrund von Glatteis aus. Er zog sich Prellungen an der rechten Hand und an der Hüfte sowie eine leichte Gehirnerschütterung zu.
Am 20. Juli 1941 wurde Emil Leopold Höllenreiner aus dem Sicherheits- und Hilfsdienst entlassen. Dies geschah vermutlich aufgrund der Verordnung des Oberkommandos der Wehrmacht vom Februar 1941, wonach aus „Rassepolitischen Gründen“ alle „Zigeuner“ und „Zigeunermischlinge“ entlassen werden mussten.
Am 1. August 1941 zog Emil Leopold Höllenreiner mit seiner Familie in die Landsberger Str. 267, in das 2. Stockwerk.
Verhaftung und Ermordung
Emil Leopold Höllenreiner wurde am 12. August 1942 wegen angeblicher „Bummelei und Arbeitsscheue“ mit der Häftlingsnummer 34130 im Konzentrationslager Dachau inhaftiert. Er wurde in die Kategorie AZR (Arbeitszwang, Reich) eingestuft und erhielt einen schwarzen Winkel, ein Abzeichen, das auf die gestreifte KZ-Häftlingskleidung genäht wurde, um den „Grund“ der Inhaftierung erkennen zu können. Am 4. September 1942 wurde er in das Konzentrationslager Sachsenhausen überstellt. Dort verstarb er am 30. Juli 1943. Als Todesursache wurde eine doppelseitige Lungentuberkulose angegeben.
Fremdunterbringung von drei Töchtern und Deportation seiner Familie nach Auschwitz
Seine drei Töchter Rosa, Katharina und Philippine wurden im November 1937 aus unbekannten Gründen in die Fürsorgeerziehung genommen und waren im Kinderheim St. Anna in Regensburg untergebracht. Die drei Schwestern wurden am 7. März 1943 von der Gestapo aus dem Kinderheim abgeholt und nach München gebracht. Am 9. März 1943, morgens um 6 Uhr, kam die Polizei zu seiner Ehefrau Pauline Höllenreiner in die Landsberger Str. 267. Mit weiteren 130 Personen wurden sie und ihre acht Kinder verhaftet und in das Polizeipräsidium in der Ettstraße gebracht. Von dort aus wurden alle nach Auschwitz deportiert. Pauline verstarb dort am 3. September 1943, sieben seiner Kinder wurden in Auschwitz im Laufe des Jahres 1944 ermordet. Nur seine Tochter Rosa „Rani“ überlebte, sie wanderte in die Niederlande aus.
Text und Recherche
Bettina Gütschow
Quellen
Stadtarchiv München: Einwohnermeldekarte von Emil Leopold und Pauline Höllenreiner (Signatur: DE-1992-EWK-76-H-552).
Staatsarchiv München, Polizeidirektion München 25831.
Staatsarchiv München, Oberfinanzdirektion München 7850.
Staatsarchiv München, WB I N 5821 und WB I JR 1886.
Internetquellen
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/4136494 .
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/130431127 .
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/10662561 .
Sarah Grandke: Höllenreiner, Rosa (publiziert am 08.02.2024), in: nsdoku.lexikon, hrsg. vom NS-Dokumentationszentrum München, URL: https://www.nsdoku.de/lexikon/artikel/hoellenreiner-rosa-364, aufgerufen am 13.08.2024.
https://www.stolpersteine-regensburg.de/2008wies_hoell15.pdf, aufgerufen am 13.08.2024.
Literatur
NS Dokumentationszentrum München: Die Verfolgung der Sinti und Roma in München und in Bayern, hrsg. von Winfried Nerdinger, Metropol Verlag Berlin 2016.
Tuckermann, Anja: „Denk nicht, wir bleiben hier!“ Die Lebensgeschichte des Sinto Hugo Höllenreiner, dtv, Deutscher Taschenbuchverlag, München 2008.