Otto Karl Weis

 

Geboren am 24. September 1877 in München

Ermordet am 27. Juli 1941 in der Tötungsanstalt Sonnenstein in Pirna

 

Haft in Dachau und Buchenwald

Der Bautechniker Otto Karl Weis wohnte 1937 in der Pestalozzistraße 36. In diesem Jahr verhaftete ihn die Polizei wegen „Sittlichkeitsvergehen“, gemeint waren homosexuelle Kontakte, und brachte ihn am 25. August 1937 ins Konzentrationslager Dachau. Wie lange er dort inhaftiert war, ist unbekannt. Vier Monate später nahm ihn die Polizei wegen Verstoßes gegen den Paragraph 175 erneut fest und überstellte ihn am 22. Dezember 1937 wiederum ins Konzentrationslager Dachau. Erst am 2. Februar 1938 kam er frei.

Otto Weis arbeitete zuletzt für den Münchner Bauunternehmer Leonhard Moll auf der Baustelle „Deutsche Spreng-Chemie GmbH“ in Wolfratshausen. Es dürfte sich hier um die zwischen Wolfratshausen und Geretsried errichteten Munitionsfabriken handeln.

Am 14. August 1940 wurde Otto Weis durch die Kriminalpolizei München nochmals verhaftet. Diese ordnete Schutzhaft an und verbrachte ihn erneut in das Konzentrationslager Dachau.

Mit dem Mittel der Schutzhaft konnten Regimegegner und andere missliebige Personen verhaftet, in Konzentrationslager gebracht und dort zeitlich unbefristet festgehalten werden, ohne dass dies durch einen Richter oder ein Gerichtsurteil überprüft oder angeordnet war. In der Schutzhaft waren individuelle Grundrechte de facto außer Kraft gesetzt. Gefangene wurden zum Beispiel zu schwersten körperlichen Arbeiten herangezogen, misshandelt und, wie in diesem Fall, auch ermordet. 

Welchen Gefangenenwinkel er in Dachau tragen musste, lässt sich allerdings nicht eindeutig sagen, da in seinem Fall verschiedene Haftkategorien genannt wurden. Vermerkt wurde Homosexualität sowie AZR – „Arbeitszwang Reich“.

Am 11. Dezember 1940 wurde Otto Karl Weis vom Konzentrationslager Dachau in das Konzentrationslager Buchenwald überstellt. Dort war er nach der NS-Haftkategorie ASR „Arbeitscheu-Reich“ in den Blöcken 25 und 26 untergebracht und musste Zwangsarbeit in den Arbeitskommandos 65 und 66, Schachtkommando I und II, leisten. Damit musste er den schwarzen Winkel an seiner Häftlingskleidung tragen.

Die mit der Haftkategorie ASR „Arbeitsscheu Reich“ beziehungsweise AZR „Arbeitszwang Reich“ im Konzentrationslager internierten Menschen galten als „Asoziale“. Bei dieser Häftlingsgruppe handelte es sich um Menschen, die nicht in das Bild der nationalsozialistischen „Volksgemeinschaft“ passten. Unter den weit gefassten Begriff  konnten  beispielsweise auch Wohnungslose, Bettler, Fürsorgeempfänger, Menschen mit unsittlichem Lebenswandel, unangepasstem Lebensstil oder auch Homosexuelle fallen.


Bild: Privat  Fotografiert bei der Verlegung am 14.10.1917

Bild: Privat Fotografiert bei der Verlegung am 14.10.2017

 

Tötungsanstalt Sonnenstein in Pirna

Laut Transporttagebuch wurde Otto Weis, zusammen mit 92 anderen Männern, am 14. Juli 1941 in die die Tötungsanstalt Sonnenstein in Pirna gebracht. Vermutlich wurde er jedoch erst am 15. Juli deportiert und noch am selben Tag in der Gaskammer ermordet. Die „Aktion“ wurde unter dem Aktenzeichen 14f13 durchgeführt. In den nachfolgenden Tagen meldete die SS den Tod der Häftlinge dem Standesamt Weimar II mit gefälschten Todesursachen. In die Sterbeurkunde von Otto Weis trug man als Sterbedatum den 27. Juli 1941 und als Todesursache „eitrige Pleuritis“ ein.

Mit dem Behördenkürzel „14f13“ verschleierten die Nationalsozialisten die Ermordungsaktion von kranken, angeblich und tatsächlich arbeitsunfähigen Häftlingen. Die Häftlinge wurden ab 1941 in mehreren „Invalidenaktionen“ selektiert und in Tötungsanstalten gebracht, die schon zuvor für die Euthanasie genutzt worden waren. Dort brachte man sie mit Kohlenmonoxid ums Leben.

An Otto Karl Weis erinnert in der Pestalozzistraße 36, München, ein Stolperstein.


Text und Recherche

  • Stefan Dickas

Quellen

  • Auskunft der KZ-Gedenkstätte Dachau vom 27. April 2017

  • Auskunft des ITS International Tracing Service, Bad Arolsen, vom 10. Mai 2017

  • Arolsen Archives, Teilbestand 1.1.5.3, 7390307 Schreibstubenkarte, 7390309 und 7390311 Individuelle Unterlagen Männer Buchenwald.

  • Auskunft der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora vom 17.Mai 2017

  • Auskunft des Stadtarchivs München vom 26. Juli 2017

  • Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages, Ausarbeitung „Asoziale“ im Nationalsozialismus: https://www.bundestag.de/resource/blob/478780/946af6a53de4beedba650bf537254942/WD-1-026-16-pdf-data.pdf Abgefragt am 21.08.2021

Literatur

  • Der Rosa-Winkel-Gedenkstein - Die Erinnerung an die Homosexuellen im KZ Dachau, Splitter 13, forum homosexualität münchen e.V., ISBN 978-3-935227-19-3

  • Stein, Harry: Die Vernichtungstransporte aus Buchenwald in die “T4”-Anstalt Sonnenstein 1941, veröffentlicht in Sonnenstein, Beiträge zur Geschichte des Sonnensteins und der Sächsischen Schweiz, Heft 3, 2001, ISBN 3-9809880-2-3

 
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Julie Weinmann

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Berta Wertheimer, geb. Baum