Julie Weinmann

S-Z
 

Geboren am 28. Januar 1849 in München

Gestorben am 5. Mai 1936 in München

 
 

Familienverhältnisse

Julie Wassermann kam am 28. Januar 1849 in München zur Welt. Ihr Vater, der Kürschner Josef Arie Wassermann, hatte im Jahr zuvor ein Rauch- und Pelzlagergeschäft in der Theatinerstraße eröffnet. Sie hatte zwei Geschwister, Rosa Maria (5. August 1854 – 11. Dezember 1938) und David (6. April 1858 – ?) Wenig ist über ihre Kindheit bekannt. Sie genoss vermutlich eine zeitgemäß bürgerliche Erziehung, denn ihr Klavierspiel fand auch später noch Anerkennung.

Heiratsanzeige im Münchner Boten, 26.2.1869

Im Februar 1869 heiratete sie Louis Weinmann (4. September 1839 – 13. Mai 1902), den Direktor der München-Dachauer Aktiengesellschaft für Maschinenpapierfabrikation. Louis Weinmann stammte aus Wallerstein, war jüdischer Herkunft, trat später aber zum evangelischen Glauben über. Louis Weinmann hatte seine Karriere als Buchhalter 1854 in einem Bankhaus begonnen, setzte sie fünf Jahre später im Bankhaus Joseph von

Hirsch fort und wechselte 1864 als kaufmännischer Direktor zur Papierfabrik. Er brachte die Fabrik wieder nach oben, die ihr Papier an große Zeitschriftenverlage, wie zum Beispiel an Brockhaus und Cotta lieferte. 1890 gab er seinen Direktorenposten auf und wechselte in den Aufsichtsrat.

Daneben war er als Handelsrichter und in mehreren Aufsichtsräten tätig. Außerdem förderte er wissenschaftliche Bestrebungen, wie etwa die Münchener Bürgerstiftung bei der Akademie der Wissenschaften.

1889 begründete das Ehepaar gemeinsam die Weinmannsche Stiftung. Bedürftige Kinder und Waisen ehemaliger Beschäftigter erhielten aus den Zinsen der Stiftung finanzielle Unterstützungen für die Berufsausbildung.  

Die gesellschaftlichen Ehrungen blieben nicht aus: Ende 1883 erhielt Louis Weinmann den Ehrentitel „Kommerzienrat“, 1896 den „Verdienstorden vom Heiligen Michael IV. Klasse mit der Krone“.

Julie Weinmann bekam zwischen 1870 und 1885 drei Söhne, Rudolf am 26. Januar 1870, Friedrich Wilhelm am 25. März 1878 und Kurt am 22. März 1885. Ein wichtiger Lebensinhalt für Julie Weinmann war eine würdige Repräsentation der gesellschaftlichen Stellung, die Louis Weinmann in München erlangt hatte.


Repräsentation

1877 erwarb das wohlhabende Ehepaar eine Villa in Leoni mit 14.000 qm Grund. Die neuen Besitzer bauten die Villa um und errichteten ein zweites Gebäude, das heutige Haus Buchenried der Münchner Volkshochschule. Im Mittelpunkt der „Villa Paradies“ stand die Gastgeberin Julie Weinmann. Sie empfing zwischen April und September nicht nur Verwandte und Geschäftspartner, sondern zu den Gästen zählten viele Künstler und Künstlerinnen, Maler und Malerinnen, Architekten, Musiker und Musikerinnen. Gäste waren das musikalische Wunderkind Egon Korngold, die Familien Hanfstaengl, Max Pettenkofer, die Malerin Clara Porges, der Philosoph Max Scheler. Der Kupferstecher und Schriftsteller Julius Allgeyer verfasste ein langes Gedicht, das er mit den Worten beschloss: „Am 2. September vergnügt gekommen, Am 12. traurig Abschied genommen. Leoni 12. September 1891“.

Zeichnung im Gästebuch der Familie Weinmann, (Quelle: Stadtarchiv München, DE-1992-NL-WEINM-1)

Die Gäste genossen am Starnberger See musikalische Darbietungen, machten Segelausflüge und wurden kulinarisch aufs Beste versorgt. Manche blieben gerne auch mehrere Tage zu Besuch.

So notierte der Rechtsanwalt Friedrich Rosenthal launig anlässlich seines Besuches 1887:

„In Leoni

Is’s net ohni;

Trank und Speisen buoni

(Heut gab’s selbst Meloni)

Drum wie Donner du Canoni

Ruf ich: Hoch Leoni,

Vivant die Padroni!“

 

In München ließ sich die Familie Weinmann direkt am Siegestor in der Leopoldstraße ein repräsentatives und gastliches Wohnhaus errichten. Architekt war Albert Schmid, der auch die Hauptsynagoge erbaut hatte. Das Haus, offiziell bezogen 1892, erregte schon zuvor öffentliche Aufmerksamkeit. Am 2. März 1889 schilderte ein halbseitiger Zeitungsartikel in den Münchner Neuesten Nachrichten ausführlich den Bau und seine Innenausstattung. Über das Zimmer von Julie Weinmann heißt es: „Als reizender Gegensatz hierzu [zum Herrenzimmer] ist das Zimmer der Dame wie ein kleiner Rokokosalon gedacht: Die Decke weiß und gold, die Wände durch Stukkumrahmung in Felder getheilt, die mit moosgrünem Seidenstoffe begleitet sind, Thüren und Lambris in lichtgrauer Farbe mit schwach erhabenen Goldverzierungen, in der Mite ein schöner Marmorkamin, dessen Spiegelpartie mit Karytiden flankirt ist.“  

Das Haus an der Leopoldstraße 5,wo Julie Weinmann 1892-1931 wohnte (Quelle: Stadtarchiv München, DE-1992-FS-LI-0270-43)

Es gehörte fast schon zum guten Ton, als großbürgerlich liberale Münchnerin, Mitglied im Münchner Verein für Fraueninteressen zu sein. Julie Weinmanns Name findet sich in den Mitgliedslisten. Zudem waren einige aus der Vereinsleitung häufig zu Gast in Leoni, wie etwa Marie Haushofer.  


Schicksalsschläge

Doch blieben Schicksalsschläge nicht aus: 1902 starb Julie Weinmanns Ehemann Louis. Die Witwe Julie Weinmann übersandte im Sinne ihres Mannes aus dem Nachlass an die Stadt München eine Spende von 1.000 Mark für die Stadtarmen.

Drei Jahre später, am 28. Oktober 1905, starb ihr Sohn, der Musikwissenschaftler Fritz Weinmann, gerade einmal 27 Jahre alt. Schon zum Tode von Louis Weinmann hatte die Familie vom Architekten Theodor Fischer in Leoni ein Mausoleum errichten lassen, das nun auch zum Gedenkort für Fritz Weinmann wurde.

Nach dem Ersten Weltkrieg

Noch während des Ersten Weltkrieges empfing Julie Weinmann Gäste in Leoni: So bedankte sich Ludwig Streit Ende August 1917 im Gästebuch mit den Worten „Zur bleibenden und dankbaren Erinnerung an die von der Gnädigsten wundervoll gespielten „chromatischen Fantasie“ des großen Johann Sebastian!!“ Die Einträge im Gästebuch belegen, dass die Versorgung der Villa mit Lebensmitteln gesichert war und zeugen auch von der Kriegsmüdigkeit der Gäste:

Die Familie verkaufte die Villa in Leoni nach dem Ersten Weltkrieg und nun wurde es ruhiger um Julie Weinmann. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten lebte sie einige Zeit in Berlin bei ihrem Sohn Rudolf, der in München, Berlin und Wien vor allem Literaturgeschichte und Philosophie studiert und 1895 promoviert hatte. Er saß nach dem Tode seines Vaters bis 1933 im Aufsichtsrat der Papierfabrik. Nebenher, schon seit 1898 und dann immer professioneller, trat er als Schauspieler auf. Er avancierte schließlich zum Hofschauspieler in Dresden und war später in Berlin am Deutschen Theater und am Theater an der Behrensstraße engagiert.

Julie Weinmann kehrte im Mai 1935 wieder nach München zurück, und zog Anfang 1936 in die Herzogstraße 55. Sie verbrachte die letzten Lebensmonate in der Wohnung der Schriftstellerin Carry Brachvogel, wo sie am 5. Mai 1936 im Alter von 87 Jahren starb.

Rudolf Weinmann starb am 21. September 1942 in Berlin – die genauen Umstände sind unklar.

Kurt Weinmann wurde Neurologe und hatte jahrelang seine Praxis in der Leopoldstraße 5. Er überlebte den Holocaust. Nach dem Krieg war er wieder als Neurologe tätig und 1962 Mitbegründer der Alfred-Adler-Gesellschaft in München. Kurt Weinmann starb am 9. Dezember 1974.

Gedenken

Julie Weinmann erhielt am 11. Juli 2024 in der Herzogstraße 55 ein Erinnerungszeichen.

Bild: © Tom Hauzenberger


 

Text und Recherche

  • Eva Strauß

Quellen

  • Stadtarchiv München, DE-1992-STI-01035, DE-1992-GS-B-0038, DE-1992-NL-WEINM-1 (Gästebuch) sowie DE-1992-NL-WEINM-2 (Gästebuch).

  • Verein für Fraueninteressen, München: 18.-22. Jahresbericht. München 1912-1916 (Mitgliederverzeichnis).

Internetquellen

Literatur

  • Marita Krauss (Hg.): Die bayerischen Kommerzienräte: eine deutsche Wirtschaftselite von 1880 bis 1928. München 2016.

  • Ingvild Richardsen: Haus Buchenried 1827 bis 1953. Ein Beitrag zur Geschichte der Münchner Volkshochschule. München 2023.

  • Gerhard Schober: Frühe Villen und Landhäuser am Starnberger See. Zur Erinnerung an eine Kulturlandschaft. Waakirchen 1998.

  • Rudolf Weinmann: Die Lehre von den spezifischen Sinnesenergien. Hamburg 1895.

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Karoline Weil

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Otto Karl Weis