Leopold Paul Goldlust
Geboren am 18. Januar 1876 in Pressburg, heute Bratislava/Slowakei
Ermordet am 8. Dezember 1939 im KZ Buchenwald
Elternhaus
Leopold Paul Goldlust wurde am 18. Januar 1876 im damals österreichisch-ungarischen Pressburg geboren. Seine Eltern waren Sigmund und Johanna Goldlust, geb. Hartmann. Er hatte einen jüngeren Bruder namens Adolf, geboren im Mai 1879.
Eheschließung und Leben in Wien
Leopold Paul Goldlust heiratete am 13. September 1903 in Pressburg Gisela Klein, geboren am 19. Oktober 1875 in Tyrnau, heute: Trnava, Slowakei.
Das Ehepaar hatte die polnische Staatsangehörigkeit. Die beiden lebten zunächst in Wien, wie ihre Eltern. Beide Väter, Sigmund Goldlust und Johann Jan Klein waren dort als Privatiers gemeldet. Die Mutter von Leopold, Johanna Goldlust, starb am 7. Mai 1922 in Wien und wurde auf dem Zentralfriedhof begraben.
Leben und Arbeit in München
Leopold und Gisela Goldlust zogen am 10. Dezember 1906 nach München in´s Erdgeschoss der Wörthstraße 33.
Ab 1. April 1912 wohnte das kinderlose Ehepaar in der Edlingerstraße 22, im zweiten Stock, zusammen mit Giselas hochbetagter Mutter, Hermine Klein.
Leopold war anfangs bei der Produktionsfirma „Weiß-Blau-Film München“ beschäftigt. Von 1907 – 1915 war er, mit Unterbrechung der Spielzeit 1910/11, Requisiteur am Münchner Schauspielhaus, in der Maximilianstraße, unter der Direktion von Georg Stollberg und Cajetan Schmederer. Welche Tätigkeit er danach ausübte, ist nicht bekannt.
Am 9. Dezember 1927 zog Leopold Goldlust mit seiner Frau und seiner Schwiegermutter in eine Gemeindewohnung der Israelitischen Kultusgemeinde neben der Hauptsynagoge, in der Herzog-Max-Straße 7. Sie wohnten hier im ersten Stock des Rückgebäudes. Hermine Klein verstarb dort am 24. Mai 1930, mit 92 Jahren. Leopold Goldlust war nun Hausmeister der Münchner Hauptsynagoge. Das Ehepaar war bei den Kindern, die in den angrenzenden Wohnungen der jüdischen Gemeinde lebten, sehr beliebt. Unter diesen Kindern waren auch die Geschwister Werner, Ernst und Ruth Grube. Leopold Goldlust war auch für das Magazin der Synagoge zuständig, wo die Kinder sich immer aufhalten durften. Sie spielten dort mit alten Briefmarken und Spielsachen. Wenn es ihnen kalt oder langweilig war, wurden sie getröstet und mit Schokolade beschenkt.
Im Januar 1932 wurde der Antrag von Leopold Goldlust auf Einbürgerung abgelehnt.
Am 28. Oktober 1938 wurden Leopold und Gisela Goldlust verhaftet und ins Gefängnis Stadelheim gebracht. Sie sollten gemeinsam mit circa 520 anderen Münchner Jüd*innen polnischer Staatsangehörigkeit abgeschoben werden. Die polnische Regierung hatte am 6. Oktober 1938 eine Verordnung erlassen, wonach ihre Landsleute im Ausland nicht mehr nach Polen einreisen dürfen, wenn sie keinen besonderen Prüfvermerk in ihrem Pass haben. Am 29. Oktober um 5 Uhr startete der Sonderzug vom Starnberger Bahnhof in München Richtung polnische Grenze. Als der Zug in Guben eintraf, hatte die polnische Regierung den Erlass bereits wieder zurückgezogen. Die Zuginsassen durften auf eigene Kosten wieder nach München zurückfahren.
In der Pogromnacht am 9. November 1938 vollzogen die Nationalsozialisten an Leopold Goldlust eine Schein-Erhängung am Eingangstor des Hauses, die er nur knapp überlebte.
Leopold und Gisela Goldlust mussten am 3. Dezember 1938 in die Massenunterkunft der Israelitischen Kultusgemeinde, im Rückgebäude der Lindwurmstraße 125 ziehen. Das Gebäude war seit Ende 1938 Betsaal und zugleich Verwaltungsgebäude der Israelitischen Kultusgemeinde in München. Der Grund war, dass die große Hauptsynagoge am 9. Juni 1938 abgerissen und den Mieter*innen der Gemeindewohnungen nach und nach gekündigt worden war.
Verhaftung und Ermordung
Am 9. September 1939 verhaftete die Gestapo Leopold Goldlust zum zweiten Mal. Am 16. Oktober wurde er in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Er bekam die Haftnummer 10399. Dort ermordete ihn die SS am 8. Dezember 1939. Das Grab von Leopold Goldlust befindet sich auf dem Neuen Jüdischen Friedhof in München, wo seine Urne beigesetzt wurde.
Erinnern
Seit dem 12. Juni 2023 gibt es in der Neuhauser Str. 18 ein Erinnerungszeichen für Leopold und Gisela Goldlust.
Text und Recherche
Bettina Gütschow
Quellen
Stadtarchiv München, Einwohnermeldekarte des Ehepaars Leopold und Gisela Goldlust geb. Klein (Signatur: DE-1992-EWK65-G477).
Staatsarchiv München, Polizeidirektion München 12800 und Polizeidirektion 7016, letztere zur sogenannten „Polenaktion“ ab Oktober 1938.
Deutsches Bühnen-Jahrbuch, Bände 1907-1915.
https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/5969235?s=goldlust&t=0&p=5 aufgerufen am 12.08.2024.
Datenbank Biografisches Gedenkbuch der Münchner Juden https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=9211 aufgerufen am 12.08.2024.
Seine Ehefrau: Datenbank Biografisches Gedenkbuch der Münchner Juden https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=9212 aufgerufen am 12.08.2024.
https://www.mitzwemakers.com/goldlust.html aufgerufen am 12.08.2024.
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/synagogen-einweihung-eine-schande-dass-es-so-lange-gedauert-hat-1.80709, aufgerufen am 12.08.2024.
https://map.erinnerungszeichen.de/bio/9211/ aufgerufen am 12.08.2024.
https://totenbuch.buchenwald.de/names/details/person/1801/ref/recherche aufgerufen am 12.08.2024.
https://collections.arolsen-archives.org/de/document/70118497, Grabstätte, aufgerufen am 12.08.2024.