Gisela Goldlust, geb. Klein

A-G
 

Bild: Stadtarchiv München, DE-1992-JUD-F-0116-3

 

Geboren am 19. Oktober 1875 in Tyrnau, heute: Trnava, Slowakei
Deportiert am 22. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt
Ermordet am 24. April 1944 im Ghetto Theresienstadt

 

Elternhaus

Gisela Goldlust, geb. Klein, wurde am 19. Oktober 1875 in Tyrnau, damals Österreich-Ungarn, als viertes Kind des Lederhändlers Johann Jan Klein geboren.

Ihre katholische Mutter war Hermina Henriette Klein, geb. Luboviensky. Sie war die Tochter eines Apothekers. Sie trat vor ihrer Hochzeit in Wien zum Judentum über.

Die Geschwister von Gisela Goldlust waren:

  • Leo Klein, geboren 1863 in Tyrnau, Schicksal unbekannt.

  • Karl Klein, geboren 1865 in Tyrnau, Schicksal unbekannt.

  • Max Klein, geboren 1871 in Tyrnau, Fabrikdirektor in Wien, ermordet am 30. Juli 1942 in Theresienstadt.

  • Sándor Klein, geboren 1877 in Tyrnau, deportiert am 2. November 1941 ins Ghetto Litzmannstadt, heute Łódź, wo er ermordet wurde.

  • Gustav Klein, geboren 1880 in Tyrnau, überlebte die Shoah. Sein Enkel Hans-Dieter Klein, wurde am 13. Oktober 1940 in Wien geboren. Er ist ein österreichischer Komponist und Philosoph sowie emeritierter Professor für Philosophie der Universität Wien.


Eheschließung und Leben in Wien

Gisela Klein heiratete am 13. September 1903 in Pressburg, heute Bratislava/Slowakei, Leopold Paul Goldlust, geboren am 18. Januar 1876 in Pressburg. Er wurde am 8. Dezember 1939 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet.

Das Ehepaar hatte die polnische Staatsangehörigkeit. Die beiden lebten zunächst in Wien, wie ihre Eltern. Beide Väter, Sigmund Goldlust und Johann Jan Klein waren dort als Privatiers gemeldet. Johann Klein starb 1899 im Alter von 70 Jahren.


Leben in München

Gisela und Leopold Goldlust zogen am 10. Dezember 1906 nach München, in´s Erdgeschoss in der Wörthstraße 33.

Er war anfangs bei der Produktionsfirma „Weiß-Blau-Film, München“ beschäftigt, später war er Requisiteur am Münchner Schauspielhaus in der Maximilianstraße.

Ab 1. April 1912 wohnte das kinderlose Ehepaar in der Edlingerstraße 22, im zweiten Stock, zusammen mit Giselas hochbetagter Mutter, Hermine Klein.

Am 9. Dezember 1927 zogen die drei in eine Gemeindewohnung der Israelitischen Kultusgemeinde neben der Hauptsynagoge, in der Herzog-Max-Straße 7. Hier wohnten sie im ersten Stock des Rückgebäudes. Leopold Paul Goldlust war nun Hausmeister der Münchner Hauptsynagoge. Giselas Mutter verstarb dort am 24. Mai 1930, mit 92 Jahren.

Das Ehepaar war bei den Kindern, die in den angrenzenden Wohnungen der jüdischen Gemeinde lebten, sehr beliebt. Unter diesen Kindern waren auch die Geschwister Werner, Ernst und Ruth Grube. Leopold Goldlust war auch zuständig für das Magazin der Synagoge, wo die Kinder sich immer aufhalten durften. Sie spielten dort mit alten Briefmarken und Spielsachen. Wenn es ihnen kalt oder langweilig war, wurden sie getröstet und mit Schokolade beschenkt.

Am 28. Oktober 1938 wurden Leopold und Gisela Goldlust verhaftet und ins Gefängnis Stadelheim gebracht. Sie sollten gemeinsam mit circa 520 anderen Münchner Jüd*innen polnischer Staatsangehörigkeit abgeschoben werden. Die polnische Regierung hatte am 6. Oktober 1938 eine Verordnung erlassen, wonach ihre Landsleute im Ausland nicht mehr nach Polen einreisen dürfen, wenn sie keinen besonderen Prüfvermerk in ihrem Pass haben. Am 29. Oktober um 5 Uhr startete der Sonderzug vom Starnberger Bahnhof in München Richtung polnische Grenze. Als der Zug in Guben eintraf, hatte die polnische Regierung den Erlass bereits wieder zurückgezogen. Die Zuginsassen durften auf eigene Kosten wieder nach München zurückfahren.

In der Pogromnacht, am 9. November 1938, vollzogen die Nationalsozialisten an ihrem Ehemann Leopold Goldlust eine Schein-Erhängung am Eingangstor des Hauses, die dieser nur knapp überlebte.

Leopold und Gisela Goldlust mussten am 3. Dezember 1938 in die Massenunterkunft der Israelitischen Kultusgemeinde, im Rückgebäude der Lindwurmstraße 125 ziehen. Das Gebäude war seit Ende 1938 Betsaal und zugleich Verwaltungsgebäude der Israelitischen Kultusgemeinde in München. Der Grund war, dass die große Hauptsynagoge am 9. Juni 1938 abgerissen und den Mieter*innen der Gemeindewohnungen nach und nach gekündigt worden war.

Am 9. September 1939 verhaftete die Gestapo ihren Mann Leopold zum zweiten Mal. Am 16. Oktober wurde er in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht und dort am 8. Dezember ermordet. Sein Grab befindet sich auf dem neuen Jüdischen Friedhof in München, wo seine Urne beigesetzt wurde. Gisela Goldlust erhielt nun eine Witwenrente in Höhe von 33,40 Reichsmark und eine freiwillige Rentenzahlung der Israelitischen Kultusgemeinde in Höhe von 85 Reichsmark monatlich.

In Juni 1943 wurde die Sammelunterkunft der Israelitischen Kultusgemeinde in der Lindwurmstraße 125 aufgelöst. Gisela Goldlust wurde mit 49 anderen Personen, am 22. Juli 1942, mit Transport II/18 von München nach Theresienstadt deportiert. Dort starb sie am 24. April 1944.


Seit dem 12. Juni 2023 gibt es in der Neuhauser Straße 18 ein Erinnerungszeichen für Gisela und Leopold Goldlust.

Neuhauser Str. 18 in München Bild: © Tom Hauzenberger

Bild: © Tom Hauzenberger


Text und Recherche

  • Bettina Gütschow

Quellen

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Gustav Gänswein

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Leopold Paul Goldlust