Max Wertheimer
Geboren am 8. Juni 1881 in Misslitz
Deportiert am 4. April 1942 nach Piaski
Schicksal unbekannt
Herkunft und Familie
Max Wertheimer wurde am 8. Juni 1881 in Misslitz (heute: Miroslav in der Tschechischen Republik), einem kleinen Ort im Kreis Krumau, in Mähren geboren. Seine Eltern, Therese und Moritz Wertheimer, waren Kaufleute, wie die Mehrzahl der jüdischen Bürger in dieser Gegend am Ende des 19. Jahrhunderts. Sie betrieben meist kleine Handelsgeschäfte, womit sie ein einfaches, bescheidenes Leben führen konnten. Seit dem 18. Jahrhundert existierte in Misslitz eine jüdische Schule, in welcher der Unterricht in deutscher Sprache erfolgte. So ist davon auszugehen, dass Max Wertheimer deutsch sprach, was ihm nach seinem Umzug nach München im Jahre 1907 sicher zugute kam. Er hatte die Handelsschule besucht und arbeitete anschließend als Kaufmann und Buchhalter. Mit seiner ersten Frau Elsa, geborene Weinberger, bekam er zwei Kinder, 1911 den Sohn Erich und 1913 seine Tochter Anna, die aber bereits 1917 verstarb. Ein weiterer Schicksalsschlag traf die Familie schon ein Jahr zuvor mit dem Tod der Mutter.
Finanzielle Schwierigkeiten während der Weimarer Republik
Max Wertheimer heiratete 1918 die aus Böhmen stammende Bertha Baum. Am 23. April 1920 kam ihr Sohn Kurt zur Welt und am 2. Oktober 1923 Herbert Werner. Bei Herberts Geburt befand sich die Familie bereits in finanziellen Schwierigkeiten. Als Folge der Inflation in Deutschland hatte sie ihr Vermögen verloren und hielt sich mit dem Verkauf von noch vorhandenen Ersatzteilen über Wasser, bis sie schließlich auf staatliche Unterstützung angewiesen war. Im Februar 1926 bezogen Max und Bertha Wertheimer mit ihren Kindern eine Wohnung in der Nymphenburger Straße 29. Kurt Wertheimer schilderte in seinem Buch „Fünf Jahreszeiten“ die verzweifelte Situation, in der sich seine Eltern zu dieser Zeit befanden: „...Wegen der wirtschaftlichen Lage zu Hause zog ich im 2. Schuljahr im Alter von sechs Jahren in das jüdische Kinderheim in der Antonienstraße um...“. Auch der dreijährige Herbert Wertheimer musste fortan in diesem Kinderheim leben. Diese Entscheidung fiel den Eltern sicher nicht leicht, wenngleich sie ihre Kinder in dem schönen Haus mit großem Garten in Schwabing gut untergebracht wussten.
Das Schicksal der Familie Wertheimer nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten
Als 1933 die Nationalsozialisten an die Regierung kamen und sofort damit begannen, die jüdische Bevölkerung auszugrenzen, wurde die Lage der Familie Wertheimer immer bedrohlicher. Der älteste Sohn Erich Wertheimer emigrierte 1935 nach New York. Ein Jahr später flüchtete der 16-jährige Kurt Wertheimer über Prag nach Palästina. Herbert Wertheimer, der jüngste Sohn, begann 1938 eine Schreinerlehre im jüdischen Lehrlingsheim in der Hohenzollernstraße 4, vermutlich mit dem Ziel, ebenfalls auszuwandern. 1940 wurde er verhaftet und im März 1941 im Konzentrationslager Dachau ermordet. Zu dieser Zeit hatten Max und Bertha Wertheimer bereits in ein sogenanntes Judenhaus in der Reichenbachstraße 27 umziehen müssen. Waren die beengten Verhältnisse dort schon äußerst beschwerlich, so verschlechterte sich die Wohnsituation der Familie mit der Einweisung in das Internierungslager in der Clemens-August-Straße 9 im März 1942 immer mehr. Wenige Tage später kamen Max und Bertha in das Barackenlager in der Knorrstraße 148. Am 4. April 1942 wurden sie in das Ghetto Piaski deportiert. Hier verliert sich ihre Spur. Wie sie umgekommen sind, ob sie dort verhungerten, erschossen oder in einem der berüchtigten Vernichtungslager Sobibor, Belzec oder Treblinka im Rahmen der „Aktion Reinhard“ ermordet wurden, ist nicht bekannt. Lediglich zwei ihrer Kinder, Erich und Kurt, konnten sich rechtzeitig retten und gründeten neue Familien in Palästina und den USA.
In München erinnert das Familiengrab von Julie Baum, Bertha Wertheimers Mutter, auf dem Neuen Israelitischen Friedhof mit Gedenkschrift an die Familie Wertheimer.
Zudem gibt es für Max, Berta und Herbert Wertheimer seit 1. Oktober 2019 in der Nymphenburger Straße 29, München, ein Erinnerungszeichen.
Text und Recherche
Helene Weber
Quellen
Stadtarchiv München, Biografisches Gedenkbuch der Münchner Juden 1933-1945.
Stadtarchiv München, Einwohnermeldekarte.
Stadtarchiv München, Hausbogen Nymphenburger Straße 29 und Reichenbachstraße 27.
Internetquellen
http://www.jüdische-gemeinden.de/index.php/gemeinden/m-o/1324-misslitz-maehren Zugriff am 16.09.2019 (Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum).
Literatur
Galili, Ra‘anan: Fünf Jahreszeiten, Jerusalem 2016 (Original in hebräischer Sprache, Teilübersetzung von Eva Tyrell).
Luckner, Gertrud / Behrend-Rosenfeld, Else (Hrg.): Lebenszeichen aus Piaski. Briefe Deportierter aus dem Distrikt Lublin 1940-1943, München 1968.