Lazarus Ludwig Leiter
Geboren am 1. Januar 1859 in Buttenwiesen
Deportiert am 25. Juni 1942 nach Theresienstadt
Ermordet am 27. Juli 1942 in Theresienstadt
Herkunft und Familiengründung
Lazarus Leiter kam am 1. Januar 1859 in Buttenwiesen zur Welt. Seine jüngere Schwester Mina Bauernfreund (geb. Leiter) wurde am 27. Oktober 1857 in Buttenwiesen geboren, sie starb 48-jährig, am 9. Juni 1906, in München.
Ab 2. August 1872 war Lazarus Leiter in München gemeldet.
Er heiratete mit 35 Jahren, am 15. Februar 1894, in München die 19-jährige Olga Wassermann, geboren am 4. Januar 1875 in Kriegshaber, gestorben am 19. Januar 1939 in München.
Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Helene (Hella), geboren am 1. Februar 1898 in München und Arthur geboren am 8. Januar 1901 in München, gestorben am 13. Oktober 1949 in Seattle/USA.
Die Tochter Helene heiratete am 10. Mai 1928 den Kaufmann Alfred Hanauer (geboren am 17. November 1893 in Wiesenfeld/Landkreis Karlstadt). Sie zog mit ihrem Ehemann nach Würzburg. Die beiden konnten ihren zehnjährigen Sohn Hans Arno Hanauer (geboren am 17. Februar 1929 in Würzburg) mit einem Kindertransport im Juli 1939 nach England schicken. Er überlebte und wohnte später in Herzlia, Israel.
Das Ehepaar Hanauer wurde am 27. November 1941 von Würzburg nach Riga deportiert. Sie wurden Opfer der Shoah.
Berufsleben
Lazarus Leiter war Kaufmann und von 1898 bis 1916 Teilhaber der Firma Nathan Bauernfreund, eine Zinngusswarenfabrik in der Klenzestraße 4. Dort wurden mit Elektromotoren Biergläser und -krüge mit Deckel und kunstgewerbliche Gegenstände gefertigt. Ab 1916 betrieb er dort, wie sein Schwager Nathan Bauernfreund eine Textilagentur, diese besaß er gemeinsam mit seinem Sohn Arthur bis zu dessen Emigration.
Seit dem 2. Oktober 1907 war er Eigentümer des zweiten Obergeschosses in der Klenzestraße 4, bis er zusammen mit seinem Schwager Nathan Bauernfreund das Haus, im Oktober 1917 für 110.000 Mark, an die Gabriel und Rosa Ritter'sche Stiftung verkaufte.
Am 20. Juni 1934 zog er, im Alter von 75 Jahren, mit seiner 16 Jahre jüngeren Frau Olga in die dritte Etage der Klenzestraße 4. Hier war das von Jakob Feibusch neu eröffnete, streng rituell geführte Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde. Die Bewohner waren in 2- und 3-Bett-Zimmern untergebracht.
Im Gewerbeverzeichnis der polizeilich gemeldeten jüdischen Gewerbetreibenden in München, vom 15. Februar 1938, wurde Lazarus Leiter unter der Nummer 861 mit einer Agentur für Textilwaren in der Klenzestraße 4, drittes Obergeschoss gelistet.
Leben ab 1939 als Witwer
Lazarus Leiters Ehefrau Olga verstarb im Alter von 64 Jahren, am 19. Januar 1939. Ihr Grab mit einem Grabstein aus Granit befindet sich auf dem Neuen Israelitischen Friedhof, Sektion 6, Reihe 5, Platz 10.
Lazarus Leiter zog am 1. April 1939 in das noch heute existierende Saul-Eisenberg-Seniorenheim der Israelitischen Kultusgemeinde in der Kaulbachstraße 65. Das Heim war am 1. April wiedereröffnet worden, nachdem im Zuge der „Reichskristallnacht“ eine Ortsgruppe der SA in dem Gebäude ein Gelage abgehalten hatte. Die alten Menschen mussten notdürftig in Privatwohnungen untergebracht werden. Geld und Einrichtungsgegenstände wurden gestohlen. Die Leiterin Regina Tuchmann musste unter erpresserischem Druck eine Bankvollmacht über mehrere Tausend Mark unterzeichnen.
Im Februar 1942 war das Heim mit ca. 100 Bewohnern sehr eng belegt. Im März musste das Gebäude für die NS-Organisation „Lebensborn e.V.“ geräumt werden, die dort eine „Mutterwohnstätte“ einrichtete. Lazarus Leiter kam daher am 19. März 1942 wieder in das Altenheim der Israelitischen Kultusgemeinde in der Klenzestraße 4. Damals umfasste das Heim drei Stockwerke und das ausgebaute Dachgeschoss. Auf jeder Etage gab es sechs Zimmer, eine Kammer und ein Bad. Im Februar des Jahres 1942 bewohnten 54 Personen das Heim. Die meisten von ihnen wurden Mitte März 1942 in die „Judensiedlung Milbertshofen" verlegt. Am 24. Juni 1942 beschlagnahmte die Stadt München das Haus, um hier ein Hilfskrankenhaus einzurichten.
Deportation
Lazarus Leiter wurde mit 50 anderen Personen am 25. Juni 1942, mit Transport II/10, nach Theresienstadt deportiert. Sie kamen dort am 26. Juni an. 43 Personen dieses Transportes wurden Opfer der Shoah, nur 7 Personen überlebten.
Lazarus Leiter hatte die Transportnummer 472. Nach einem Monat, am 27. Juli 1942, starb er im Alter von 83 Jahren.
Text und Recherche
Bettina Gütschow
Quellen
Stadtarchiv München, Einwohnermeldekarte (Signatur: DE-1992-EWK-65-L-265), Polizeilicher Meldebogen (Signatur: DE-1992-PMB-L-85)
Staatsarchiv München: WB I JR 4015, WB I JR 5067, WB I JR 6039
https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=7185, aufgerufen am 24.11.2023.
Biografie der Ehefrau Olga Leiter https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=13826 aufgerufen am 24.11.2023.
Biografie der Tochter Helene (Hella) Hanauer, geb. Leiter https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=5946, aufgerufen am 24.11.2023.
Biografie von Charlotte Bauernfreund, der 2. Frau seines Geschäftspartners und Schwagers Nathan Bauernfreund https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=704, aufgerufen am 12.12.2023.
https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=altenheim_klenzestrasse aufgerufen am 25.11.2023.
Einrichtungen der Israelitischen Kultusgemeinde.pdf (muenchen.de), aufgerufen am 26.11.2023.
Verzeichnis der gewerbepolizeilich gemeldeten jüdischen Gewerbetreibenden in München Microsoft Word - DE_MU_JU_gewerbe.doc (t-online.de), aufgerufen am 26.11.2023.
Transportliste 25.6.1942 II10-2.jpg (938×1375) (statistik-des-holocaust.de), aufgerufen am 25.11.2023.
Opferdatenbank des Nationalarchiv Prag; Institut Theresienstädter Initiative Lazarus Leiter | Opferdatenbank | Holocaust, aufgerufen am 24.11.2023.