Irene Sänger, geb. Lehmann

S-Z
 

Irene Sänger (Quelle: Familienbesitz) 

Geboren am 26. April 1904 in Nürnberg

Deportiert am 4. April 1942 nach Piaski

Todestag unbekannt

 
 

Herkunft und Familie

Ihr Vater, Sigmund Lehmann, stammte aus dem unterfränkischen Wiesenbrunn (Landkreis Kitzingen). Er verstarb am 1. März 1927 in Nürnberg, im Alter von 56 Jahren. Die Mutter, Karoline Lehmann, stammte ebenfalls aus dem unterfränkischen. Sie kam aus Kleinwallstadt bei Aschaffenburg. Im Jahr 1900 heirateten die Beiden in Würzburg. Nach ihrer Hochzeit zogen sie nach Nürnberg, wo Sigmund Lehmann einen Weingroßhandel betrieb.

Ihr älterer Bruder Siegfried Stephan Lehmann wurde  1901 geboren.

Am 26. April 1904 wurde Irene Lehmann in Nürnberg geboren.

Über ihre Kindheit und Jugend wissen wir leider nichts.


Augsburg

Wo und wie sie ihren Mann, den Bauingenieur Fritz Sänger, kennenlernte, ist uns nicht bekannt.

Ein Bild von der Hochzeitsgesellschaft 1932. Irene, die Braut, daneben ihr Mann Fritz Sänger (Bild: Familienbesitz)

Am 23. August 1932 heirateten Irene Lehmann und Fritz Sänger. Fritz war der älteste Sohn von Julius und Rosa Sänger. Das Paar lebte in Augsburg. Die Tochter Anneliese wurde am 27. Juli 1933 in Augsburg geboren. Anneliese war ein fröhliches Kind und eine gute Schülerin, die die Schule liebte. Irene war eine freundliche Person mit einer sanften Art. Sie war eine pflichtbewusste Tochter und eine wunderbare Mutter für ihre kleine Tochter. 

Irenes Bruder Siegfried (Stephen in den USA) Lehmann war 1936 mit Hilfe eines Cousins (Albert Hockster) nach Amerika ausgewandert. Irene schrieb ihrem Bruder häufig. Zahlreiche Briefe aus dieser Zeit sind erhalten. Sie berichtete, wie es der Mutter und der Familie ging, wer inzwischen auswandern konnte und vielen anderen Dingen. Sie hoffte, dass ihr Bruder einen Weg finden würde, der auch ihrer Familie eine Auswanderungermöglichen würde. Es gelang ihm leider nicht, seine Schwester und deren Familie in die USA nachzuholen. Irene Sänger wollte 1936 auch ihre blinde Mutter Karoline nicht verlassen. Erschwerend kam hinzu, dass die Vereinigten Staaten niemanden ins Land ließen, der eine Belastung für die Gesellschaft darstellen würde - blinde Personen zählten zu diesem Personenkreis.

Fritz Sänger diente in der Reserve der Armee und erwarb den Offiziersrang eines Leutnants, der damals für Juden schwer zu bekommen war. Er dachte, dass sein Einsatz für Deutschland im 1. Weltkrieg die Familie vor Schaden bewahren würde.

1938 bot Irenes Schwägerin, Elsie Götz, an, Anneliese nach Amerika mitzunehmen. Sie wanderte mit ihrer Familie im Oktober 1938 nach Amerika aus. Irene Sänger ließ ihre Tochter aber nicht gehen. Die Familie ahnte nicht, dass nach dem Novemberpogrom Fritz Sänger und sein Bruder Alfred vom 11. November 1938 bis zum 15. Dezember 1938 nach Dachau geschickt würden. Hier wurde Druck auf Fritz ausgeübt, damit er das Familienunternehmen (Kleofass & Knapp) verkauft und eine Lebensversicherung zum Vorteil der NS-Käufer auszahlt. Fritz überschrieb die Firma am 30. November 1938. Es dauerte mehr als zwei Wochen, bis Fritz freigelassen wurde und es war klar, dass er und seine Familie keine Rechte mehr hatten.


 „Umzug“ nach München

Im Oktober 1939 wurden Fritz Sänger und seine Familie gezwungen, von Augsburg nach München umzuziehen. Ab dem 2. Oktober 1939, bis zur Deportation, wohnte die Familie in der Maria-Einsiedel-Straße 4 / I in München.

Aus Irene`s Briefe an ihren Bruder in den USA geht hervor, dass Fritz Sänger und seine Familie 1939 und 1940 versuchten, Deutschland zu verlassen. Es war aber zu diesem Zeitpunkt unmöglich, ein Visum, eine eidesstattliche Erklärung eines US-amerikanischen Sponsors, Geld für Tickets und Ausreisesteuern sowie andere Dokumente zu bekommen. Geld, geschäftliche und persönliche Gegenstände der Sängers waren beschlagnahmt worden. Viele Juden in Deutschland versuchten auszuwandern und es gab lange Schlangen vor jeder Botschaft, die noch Juden aufnehmen wollten. Quoten in den USA waren ausgeschöpft und die Wartelisten lang.  Die Zeit drängte und als der Zweite Weltkrieg im September 1939 begann, wurden die Grenzen geschlossen. Die Sängers saßen nun in der Falle. Irenes Bruder Stephen war untröstlich, dass er seiner Schwester und ihrer Familie keine Überfahrt nach Amerika sichern konnte.

Deportation

Am 4. April 1942 wurde Irene Sänger mit ihrer Familie von München nach Piaski deportiert. Um Platz für die Juden aus Deutschland zu schaffen, wurden alle polnischen Einwohner von Piaski in Vernichtungslager geschickt. Die Bedingungen im Ghetto Piaski waren unmenschlich. Der eklatante Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten sowie beengte Wohnverhältnisse führten für viele schnell zum Tod. Ihre Tochter Anneliese Sänger starb 1942 im Alter von nur acht Jahren und Irene im Alter von 37 Jahren  aufgrund der abscheulichen Bedingungen im Ghetto Piaski.


Gedenken

Am 24. Mai 2023 wurde vor dem letzten Wohnsitz der Familie Sänger, in der Maria-Einsiedel-Straße 4, ein Erinnerungszeichen übergeben. Bei der Gedenkfeier waren mehrere Familienmitglieder, u.a. aus den USA, dabei.

Erinnerungszeichen in der Maria-Einsiedel-Str. 4 in München (Bild: © Tom Hauzenberger)

 
 
 

Text und Recherche

  • Nancy Freund Heller & Stefan Dickas

Quellen

  • Bayerisches Hauptstaatsarchiv München, Signatur LEA 60471.

Internetquellen

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Dipl.-Ing. Friedrich Siegfried (Fritz) Sänger

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Rosa Zippora Sigall