Berta Sänger
Geboren am 26. Juni 1890 in Augsburg
Deportiert am 4. April 1942 nach Piaski
Ermordet in Piaski, Todestag unbekannt
Herkunft
Berta Sänger war das älteste Kind von Julius und Rosa (geb. Einstein) Sänger. Die Familie Sänger lebte seit 1881 in Augsburg. Julius Sänger war seit 1888, zusammen mit seinem Schwager Franz Knapp, Mitinhaber des sehr erfolgreichen und renommierten Augsburger Tiefbauunternehmens Kleofaas & Knapp. Das Unternehmen war 1879 gegründet worden.
Die Kinder von Julius und Rosa Sänger, alle in Augsburg geboren, waren: Berta (geboren am 26. Juni 1890), Siegfried Friedrich, genannt „Fritz“ (geboren am 12. September 1891), Elsie (1893 geboren), Alfred (geboren am 4. September 1894) und Stefan Franz (geboren am 2. April 1897).
Von Bertas Leben wissen wir leider fast gar nichts.
Zeit im Nationalsozialismus
Als einziges Mitglied der Familie Sänger emigrierte ihre Schwester, Elsie Sänger. Sie hatte am 14. Juni 1923 Jacob Götz geheiratet. Mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn wanderten sie im Oktober 1938 in die USA aus.
Aus erhalten gebliebenen Briefen ihrer Schwägerin, Irene Sänger, von 1938/39 an ihren in die USA ausgewanderten Bruder, Stephan Lehmann, wissen wir, dass sich die in Augsburg verbliebenen Sängers um eine Emigration bemüht haben. Man wollte eine „große“ Lösung, die ihre Brüder, ihre Schwägerin Irene, deren Mutter und ihre Nichte Anneliese sowie ihre eigene Mutter Rosa Sänger berücksichtigen sollte. Um sich auf eine Emigration vorzubereiten, lernten sie fleißig Englisch.
In diesen Briefen wurde Berta immer wieder erwähnt, sei es, dass sie an Reisen teilnahm, Babysitter für ihre Nichte Anneliese war oder auch nur die Lieben in den Staaten grüßen lies.
Anlässlich der Reichspogromnacht wurden ihre Brüder Fritz und Alfred Sänger verhaftet und waren vom 11. November 1938 bis zum 15. Dezember 1938 in Dachau. Dort wurde Fritz Sänger, der Mitinhaber des Familienunternehmens Kleofass & Knapp war, unter Druck gesetzt, damit er das Unternehmen verkauft.
Kurz vor dem Umzug nach München verstarb ihre Mutter Rosa Sänger, im Alter von 76 Jahren, am 22. September 1939, in Augsburg.
Im November 1939 zog sie und ihr Bruder Fritz mit seiner Familie nach München, in die Maria-Einsiedel-Straße 4. Dieser Umzug dürfte nicht freiwillig gewesen sein, gehörte der Familie doch in Augsburg 50% der Immobilie in der Haunstetter Straße 19. Diese Immobilie wurde aber im Zuge der Arisierung der Firmenbeteiligung der Familie genommen. Nach dem Verlust der Firma unterrichtete ihr Bruder, Fritz Sänger, in der jüdischen Lehrwerkstatt in München.
Berta wurde am 4. April 1942, zusammen mit ihrem Bruder Fritz, ihrer Schwägerin Irene und ihrer Nichte Anneliese, in das polnische Ghetto Piaski deportiert.
Die Bedingungen im Ghetto Piaski waren unmenschlich. Der eklatante Mangel an Nahrungsmitteln und Medikamenten, beengte Wohnverhältnisse und Zwangsarbeit beim Straßenbau und auf den umliegenden Bauernhöfen führten dazu, dass viele der aus München Deportierten den Sommer 1942 nicht überlebten. Aller Wahrscheinlichkeit nach starb Berta in Piaski oder sie wurde in das Vernichtungslager Sobibor transportiert., Das genaue Datum und der Ort ihres Todes sind unbekannt. Berta war etwa 52 Jahre alt, als sie starb. Es sind keine Überlebenden des Transports vom 4. April 1942, von München nach Piaski, bekannt.
Gedenken
Am 24. Mai 2023 wurde vor dem letzten Wohnsitz der Familie Sänger, in der Maria-Einsiedel-Straße 4, ein Erinnerungszweichen übergeben. Bei der Gedenkfeier waren mehrere Familienmitglieder, u.a. aus den USA, dabei.
Text und Recherche
Nancy Freund Heller & Stefan Dickas
Quellen
Stadtarchiv Augsburg, Signatur MB Sänger Julius und Signatur MK 1 Sänger Rosa.
Familienbesitz: Briefe von Irene Lehmann an Dr. Siegfried Lehmann aus den Jahren 1936/37.
Internetquellen
https://gedenkbuch.muenchen.de/index.php?id=gedenkbuch_link&gid=5253, Eintrag zu Berta Sänger, aufgerufen am 9.10.2024.
www.statistik-des-holocaust.de, Deportationslisten Bayern, Transport 4.4.1942 München-Piaski, aufgerufen am 9.10.2024.